Die Private Krankenversicherung zeichnet sich – im Vergleich zur Gesetzlichen Krankenversicherung – unter anderem dadurch aus, dass Versicherte ihren Gesundheitsschutz individuell und flexibel zusammenstellen können. Innerhalb festgelegter Tarife ist es möglich, die Versicherungsleistungen entsprechend den jeweiligen persönlichen Bedürfnissen der zu versichernden Person zu wählen und frei zu vereinbaren. Die Leistungen der Privaten Krankenversicherer sind dabei vielfältig und decken in unterschiedlichen Formen verschiedene Bereiche der gesundheitlichen bzw. medizinischen Versorgung ab.
Grundsätzlich ist zunächst zwischen zwei Versicherungsarten zu unterscheiden, die in der PKV existieren:
- einer Krankenvollversicherung und
- einer Krankenzusatzversicherung
Eine Krankenvollversicherung beinhaltet den Versicherungsschutz für eine komplett umfassende medizinische Versorgung: Sie deckt alle entstehenden Kosten sowohl für ambulante und stationäre als auch für zahnärztliche Behandlungen ab. Zusatz- und Ergänzungsversicherungen hingegen decken lediglich bestimmte Bereiche ab und müssen extra abgeschlossen werden.
Eine private Zusatz- oder Ergänzungsversicherung ist für Privatversicherte allerdings nur in einzelnen Fällen sinnvoll, da sie in der Regel durch die Krankenvollversicherung bereits umfassend abgesichert sind. Allerdings haben auch gesetzlich Krankenversicherte die Möglichkeit, eine private Zusatz- oder Ergänzungsversicherung abzuschließen. Für sie kann eine derartige Versicherung besonders sinnvoll sein, um einzelne Bereiche abzudecken, die durch die gesetzliche Krankenversicherung – anders als in der PKV – nicht abgedeckt sind (wie zum Beispiel eine Zahnzusatzversicherung für zahnärztliche Behandlungen).
Brancheneinheitlicher Versicherungsschutz in der PKV durch Sozialtarife
Innerhalb einer privaten Krankenvollversicherung können PKV-Versicherte zwischen verschiedenen Versicherungstarifen wählen, die unterschiedlich umfangreiche Leistungen bieten. Hier ist wiederum zwischen Tarifen zu unterscheiden, die PKV-übergreifend einheitlich sind, und solchen, die bei den verschiedenen Versicherungsgesellschaften unterschiedlich sind.
Bei PKV-übergreifend einheitlichen Tarifen handelt es sich um Tarife, die von Gesetzes wegen jedes private Krankenversicherungsunternehmen anbieten muss und die im Rahmen rechtlicher Vorschriften stets gleich gestaltet sind und die gleichen Bedingungen erfüllen. Zu diesen sogenannten Sozialtarifen zählen:
- Standardtarif (ST)
- Basistarif (BT) und
- Notlagentarif (NLT)
In den Sozialtarifen sind sowohl die Versicherungsleistungen und -Bedingungen als auch die Beiträge für alle PKV-Unternehmen gleich. Unterschiede in den Beiträgen bestehen lediglich auf der Grundlage unterschiedlicher, vom jeweiligen Unternehmen abhängiger Verwaltungskosten.
Sozialtarife gewährleisten Privatversicherten auch dann einen ausreichenden Versicherungsschutz in der PKV, wenn sie in finanziell schwieriger gewordenen Situationen (geringeres Einkommen, zusätzliche und langfristige außergewöhnliche Belastungen etc.) auf niedrigere Versicherungsprämien angewiesen sind.
Gut zu wissen: Auch bei den Tarifen der Privaten Pflegepflichtversicherung handelt es sich um brancheneinheitliche Tarife.
PKV-eigene Tarife hingegen sind von den Versicherungsunternehmen im Rahmen gesetzlicher Vorgaben selbst gestaltete Tarife, wie etwa Modul- oder Kompakttarife.
Was bedeutet der Standardtarif in der PKV?
Die Leistungen im Standardtarif sind denen der Gesetzlichen Krankenversicherung ähnlich, umfassen allerdings bestimmte darüber hinausgehende Zusatzleistungen. Der zulässige Höchstbetrag für Versicherte im Standardtarif liegt aktuell (Stand 2021) bei 706,28 Euro im Monat. Der tatsächlich zu zahlende Beitrag ist in der Regel allerdings günstiger als der festgelegte Höchstbetrag. Hier muss allerdings der an die Pflegeversicherung abzuführende Betrag hinzugerechnet werden.
Allerdings kann sich nicht jede Person im Standardtarif versichern, denn es gelten gewisse Zugangsbeschränkungen. Davon betroffen sind insbesondere Privatversicherte, deren Versicherungsvertrag/Versicherungsschutz einer Krankenvollversicherung bereits vor dem 01. Januar 2009 bei ihrem aktuellen PKV-Anbieter bestand. Möchten betroffene Versicherte beispielsweise in den Standardtarif wechseln, ist dies nur eingeschränkt möglich. Hier spielen unter anderem das Alter der Versicherten eine Rolle und in Abhängigkeit davon weitere Faktoren wie zum Beispiel das Einkommen und die Beitragsbemessungsgrenze der GKV.
In den Fällen, in denen ein Wechsel in den Standardtarif zulässig ist, können allerdings besonders langjährige PKV-Versicherte profitieren: aufgrund der Anrechnung der bereits gebildeten Altersrückstellungen im höherwertigen Normaltarif können sich die Beiträge hier bei einem Wechsel in den Standardtarif erheblich reduzieren.
PKV-Basistarif
Der Basistarif deckt wie der Standardtarif die der GKV entsprechenden Versicherungsleistungen in Art, Umfang und Höhe ab. Der Beitrag im Basistarif darf nicht höher sein als der Höchstbetrag der Gesetzlichen Krankenversicherung und beträgt derzeit 769,16 Euro monatlich (Stand 2021). Die Basistarif-Beiträge bewegen sich im Rahmen des Standardtarifs, liegen in ihrer Höhe allerdings etwas darüber. Auch hier muss wieder der anteilige Beitrag zur Pflegeversicherung hinzugerechnet werden.
Ebenso wie der Standardtarif steht der Basistarif allerdings nicht jeder Person offen. Grundsätzlich ist auch hier eine Versicherung über den Basistarif möglich, wenn Versicherte erstmals in die PKV eintreten, also bei Neuabschluss einer Versicherung. Haben Personen bereits eine private Krankenvollversicherung, ist entscheidend, seit wann diese besteht.
Bei Versicherungsbeginn bis einschließlich 31. Dezember 2008 können Betroffene nur unter bestimmten Bedingungen einen Basistarif abschließen bzw. in einen Basistarif wechseln. Möglich ist eine Mitgliedschaft im Basistarif in diesem Fall ab dem 56. Lebensjahr, für Rentenempfänger oder bei Hilfebedürftigkeit gemäß dem Sozialrecht. Im letzteren Fall darf die Versicherungsprämie maximal die Hälfte des Höchstbeitrages der Gesetzlichen Krankenversicherung betragen. In besonderen Härtefällen kann hier der Sozialhilfeträger den Beitrag oder zumindest einen Teil davon übernehmen. Die bereits gebildeten Altersrückstellungen können Versicherte bei einem Wechsel in den Basistarif in voller Höhe mitnehmen.
Liegt der Versicherungsbeginn im Jahr 2009 (ab dem 01. Januar 2009), ist ein Wechsel in den Basistarif – einschließlich der Übertragung der kompletten Altersrückstellungen – hingegen ohne gesonderte Voraussetzungen und zu jeder Zeit möglich. Dies gilt sowohl für einen Wechsel in den Basistarif innerhalb des aktuellen Anbieters als auch in den Basistarif zu einem anderen Privaten Krankenversicherer.
Notlagentarif bei vorübergehender Zahlungsunfähigkeit
Der Notlagentarif bietet Privatversicherten, wenn sie vorübergehend die PKV-Beiträge nicht zahlen können, die Möglichkeit, zu sehr niedrigen Beiträgen die wichtigste medizinische Grundversorgung abzudecken. Der Leistungsumfang ist hierbei allerdings stark reduziert. So ist im Notlagentarif lediglich die Behandlung in Notfällen versichert, also bei akuten schweren Erkrankungen und Unfällen, Schmerzen oder akuter Verschlimmerung chronischer Erkrankungen sowie die notwendige medizinische Versorgung im Rahmen von Schwangerschaft, Entbindung und Mutterschaft. Bei Kindern und Jugendlichen umfasst der Notlagentarif medizinisch notwendige Behandlungen im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen und Schutzimpfungen sowie Erkrankungen und Unfällen.
Der Versicherungsbeitrag im Notlagentarif ist innerhalb eines PKV-Unternehmens einheitlich; alle im Notlagentarif eines Anbieters Versicherten zahlen die gleiche Prämie. Privatversicherte erhalten hierbei – wie im Normaltarif – einen Beitragszuschuss von ihrem Arbeitgeber (sogenannter Arbeitgeberzuschuss).
Automatische Umstellung auf den Notlagentarif nach Mahnverfahren
Ein Notlagentarif ist gesetzlich vorgeschrieben, das heißt, Private Krankenversicherer sind – wie bei Standard- und Basistarifen – dazu verpflichtet, einen Notlagentarif anzubieten.
Sowohl die Aufnahme in den Notfalltarif als auch das „Herausfallen” aus diesem erfolgen automatisch. Werden Versicherte zahlungsunfähig, durchlaufen sie zunächst ein sogenanntes Mahnverfahren. Hierbei sind Private Krankenversicherer grundsätzlich dazu berechtigt, Versicherte bei Zahlungsrückstand der Beiträge abzumahnen. Dies geschieht in der Regel in einem Abstand von jeweils zwei Monaten.
Der Umstieg auf den Notlagentarif erfolgt dann in den Fällen, in denen Versicherte nach Ende der in der zweiten Mahnung gesetzten Frist immer noch mit mindestens einem Monatsbeitrag in Zahlungsrückstand sind. PKV-Unternehmen müssen im Rahmen der zweiten Mahnung allerdings ausdrücklich darüber informieren, dass bei Nichtbegleichen der ausstehenden Beiträge innerhalb des folgenden Monats eine Umstellung auf den Notlagentarif erfolgt und der laufende Versicherungsvertrag ruht.
Zusätzlich zur regulären Prämie müssen Versicherte, wenn sie die Beiträge nicht pünktlich zum festgelegten bzw. vereinbarten Zeitpunkt zahlen (können), für eine „Strafzahlung” aufkommen, den sogenannten Säumniszuschlag. Stellt die Versicherungsgesellschaft Mahnungen aus, kommen zudem Mahngebühren hinzu.
Das Versicherungsverhältnis im Notlagentarif endet, sobald Versicherte gegenüber ihrem PKV-Unternehmen alle offenen Beträge (das heißt, Prämien einschließlich Säumniszuschläge und Mahnkosten) beglichen haben. Für die Betroffenen tritt dann automatisch wieder der alte Tarif in Kraft.
Es besteht auch die Möglichkeit eines Umstieges vom Notlagentarif auf den Basistarif (sofern es sich bei Letzterem nicht um den alten Tarif der versicherten Person handelt): Ergibt sich für den Betroffenen eine finanzielle Hilfebedürftigkeit nach dem Sozialrecht, ist der Versicherungsschutz über den Notlagentarif ebenfalls beendet und es erfolgt automatisch eine Versicherung über den Basistarif des PKV-Anbieters.
Eine freiwillige Inanspruchnahme des Notlagentarifs, etwa um Beiträge zu reduzieren, ist im Übrigen nicht möglich.
Alternativ besteht für Privatversicherte gegebenenfalls die Möglichkeit, bei Zahlungsschwierigkeiten der PKV-Prämien eine Vereinbarung mit der Versicherungsgesellschaft über einen Zahlungsaufschub zu treffen. Die Unternehmen sind zum Gewähren eines solchen Zahlungsaufschubs jedoch nicht verpflichtet.
Einseitige Kündigung der Krankenversicherung bei Zahlungsunfähigkeit?
Eine Kündigung des Versicherungsschutzes/der Krankenversicherung durch das Versicherungsunternehmen bei Zahlungsrückstand der Beiträge ist im Übrigen nicht möglich. Grund hierfür ist die gesetzlich vorgeschriebene Pflicht zur Krankenversicherung, wonach zumindest – wie durch den Notlagentarif – eine medizinische Grundversorgung gewährleistet sein muss. Allerdings haben Versicherungsunternehmen (wie andere Gläubiger auch) die Möglichkeit und das Recht zum Einklagen von Schulden oder zum Beantragen bzw. Veranlassen von Vollstreckungsmaßnahmen, wie zum Beispiel eine Pfändung.
Notlagentarif: Besonderheit bei Altersrückstellungen
Die in der PKV üblichen Altersrückstellungen oder Alterungsrückstellungen, die der finanziellen Vorsorge dienen, werden im Notlagentarif nicht gebildet. Dafür werden bereits vorhandene Rücklagen teilweise eingesetzt, um die Prämien im Notlagentarif zu bezahlen. Hier dürfen maximal 25% der Monatsprämie den Alterungsrückstellungen entnommen werden. Auf diese Weise soll es betroffenen Privatversicherten so leicht wie möglich gemacht werden, Zahlungsrückstände zu begleichen bzw. auszugleichen und den Notlagentarif wieder verlassen zu können.