Privatversicherte kennen dieses Szenario zu Genüge: in regelmäßigen Abständen (aktuell einmal im Jahr) erhalten sie Post von ihrer Privaten Krankenversicherung, mit der Ankündigung, dass (mal wieder) die Versicherungsbeiträge erhöht werden. Es liegt in der Natur der Sache, dass man auf solche Ankündigungen gerne verzichten würde – doch eine Erhöhung der Beiträge ist oftmals unvermeidlich und als Privatversicherte erhalten Betroffene dafür auch optimalen Versicherungsschutz mit optimalen Leistungen auf dem neuesten Stand der medizinischen Möglichkeiten.

Private Krankenversicherer haben grundsätzlich das Recht, die Beiträge zu erhöhen und aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Gründe hierfür sind unter anderem eine gestiegene Lebenserwartung der Versicherten und der medizinische Fortschritt, wodurch naturgemäß die Ausgaben der Versicherungsunternehmen steigen. Allerdings müssen Versicherungsunternehmen bei einer Anpassung der Prämien gesetzliche Vorgaben beachten, die unter anderem das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) bestimmt; werden diese Vorschriften (zum Beispiel eine ausführliche und nachvollziehbare Begründung, warum die Beiträge erhöht werden) nicht eingehalten, ist die Beitragsanpassung unwirksam. Doch woran erkennt man, ob eine Beitragserhöhung möglicherweise nicht rechtens ist? Was tun in einem solchen Fall? Welche Rechte und Möglichkeiten haben privatversicherte Personen?

Aus welchen Gründen können Beitragserhöhungen in der PKV unwirksam sein?

Eine Erhöhung der Versicherungsbeiträge in der PKV kann aus unterschiedlichen Gründen unwirksam sein; hierbei kann es sich sowohl um inhaltliche als auch um formale Fehler bzw. Verstöße gegen die gesetzlichen Vorschriften zur Beitragserhöhung handeln. Private Krankenversicherer dürfen die Beiträge grundsätzlich ohnehin nur erhöhen bzw. anpassen, wenn die Krankheitskosten oder die Lebenserwartung der Versicherten im jeweiligen Tarif steigen und infolgedessen die Ausgaben für Versicherungsleistungen nicht nur vorübergehend nachweislich um einen bestimmten Prozentsatz höher sind als ursprünglich angenommen (10 % bei Krankheitskosten und 5 % bei kalkulierter Sterbewahrscheinlichkeit/gestiegener Lebenserwartung).

Liegen die Ausgaben der Versicherungsleistungen unterhalb dieser gesetzlich vorgeschriebenen Schwellenwerte, sind Beitragserhöhungen daher in der Regel unwirksam. Unter bestimmten Umständen haben Versicherungsunternehmen zwar die Möglichkeit, je nach Tarif einen niedrigeren Schwellenwert in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen festzulegen. Eine derartige Vereinbarung bzw. die Allgemeinen Versicherungsbedingungen müssen allerdings im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften erfolgen; andernfalls sind sie unzulässig.

Ebenso kann eine Beitragserhöhung unwirksam sein, wenn die Versicherungsprämien bei Anwerbung von Neukunden mit besonders preiswerten Tarifen im Vorfeld zu niedrig kalkuliert worden sind und dann relativ bald deutlich in die Höhe gehen.

Der Hauptgrund, der aktuell in unzähligen Fällen zur Unwirksamkeit einer Prämienanpassung führt, ist jedoch eine unzureichende, mangelhafte Begründung für die Beitragshöhe. Der Gesetzgeber schreibt eine detaillierte und plausible Begründung vor, damit Versicherte die Beitragserhöhung nachvollziehen und verstehen können. Private Krankenversicherer müssen demnach die Versicherten darüber in Kenntnis setzen, welche Berechnungsgrundlagen, auf denen die Beitragserhöhung basiert, sich geändert haben. Hierzu gehören neben der Darlegung des Grundes für die Beitragsänderung (zum Beispiel gestiegene Ausgaben, höhere Lebenserwartung) auch Informationen darüber, um wieviel sich diese genannten Größen geändert haben.

In der Praxis mangelt es allerdings vielfach an derart ordnungsgemäßen Begründungen – mit der Folge, dass die Prämienanpassungen unrechtmäßig bzw. unwirksam sind. Versicherungsunternehmen müssen ihre Beitragskalkulation und versicherungsmathematischen Grundlagen zwar nicht im Detail den Versicherten gegenüber darlegen; allerdings sind lediglich pauschale, floskelhafte und unverständliche Angaben oder das Zitieren der Gesetzestexte bei weitem auch nicht ausreichend.

Prinzipiell ist es möglich, die Begründung bzw. nicht gemachte Angaben nachträglich ordnungsgemäß aufzuführen; dies gilt dann aber lediglich für zukünftige Beitragserhöhungen. Die bereits vollzogenen Prämienanpassungen bleiben hiervon unberührt und damit unwirksam.

Schwarz-goldener Kugelschreiber liegt auf Seite eines Versicherungsvertrages
Inhaltliche oder formale Fehler, wie eine unzureichende Begründung, können zur Unwirksamkeit einer Beitragserhöhung führen. (© Pixabay/pexels)

Beitragserhöhung unwirksam? - Versicherungen müssen Prämien zurückzahlen

Im Falle einer unwirksamen Beitragserhöhung haben Versicherte das Recht auf eine Rückerstattung der zu viel gezahlten Beiträge plus Zinsen durch ihre Private Krankenversicherung. Die Beitragsrückzahlung kann sich unter Umständen im vier- oder fünfstelligen Bereich bewegen und mehrere tausend Euro betragen. Der Rückerstattungsanspruch erstreckt sich grundsätzlich bis zur Verjährung, das heißt, mindestens über einen Zeitraum von drei Jahren. Dieser Zeitraum beginnt zum Ende des Jahres, für welches Ansprüche geltend gemacht werden können. Je nach individuellem Fall kann die Verjährungsfrist sogar zehn Jahre betragen. Zu welchem Zeitpunkt Ansprüche verjähren, hängt letztendlich vom jeweiligen Einzelfall an. Die konkreten Einzelheiten diesbezüglich sind allerdings noch nicht abschließend gerichtlich entschieden.

Darüber hinaus tritt bei einer unwirksamen Prämienanpassung wieder der ursprüngliche Beitrag in Kraft, Versicherte zahlen also wieder den Kostenbeitrag, der vor der unrechtmäßigen bzw. unwirksamen Erhöhung gegolten hat.

Die Zusammensetzung bzw. Berechnung und Kalkulation der Beiträge ist äußerst komplex und unterliegt verschiedenen gesetzlichen Vorschriften – für Laien ist dieser Dschungel in der Regel nur schwer zu durchschauen. Daher ist es grundsätzlich sinnvoll, eine Beitragserhöhung überprüfen zu lassen, um festzustellen, ob die Erhöhung wirksam oder unwirksam ist und ob gegebenenfalls Ansprüche auf eine Rückerstattung der Beiträge bestehen. Möglich ist dies ganz einfach, schnell und unkompliziert per Schnell-Check von halloAnwalt auf https://halloanwalt.de/private-krankenversicherung/. Anschließend besteht die Möglichkeit einer kostenlosen und unverbindlichen Erstberatung.

Euromünzen fallen auf Holztisch
Bei unwirksamen Beitragserhöhungen haben Versicherte Anspruch auf eine Rückzahlung der Prämien. (© Pexels)

Beitragserhöhungen fehlerhaft begründet – Versicherte haben gute Chancen auf eine Rückerstattung

Abhängig von Vertrag und Tarif ist es aktuell sehr wahrscheinlich, dass Beitragserhöhungen in der PKV aufgrund fehlerhafter Begründungen unwirksam sind. Entsprechend stehen die Chancen für betroffene Privatversicherte gut, die zu viel gezahlten Prämien zurückzuerhalten. Dies zeigen nicht zuletzt auch viele Gerichtsurteile, die sich in der jüngsten Vergangenheit regelmäßig mit PKV-Beitragserhöhungen und der Frage nach ihrer (Un)Wirksamkeit beschäftigten.

Als höchste richterliche Instanz hat im Dezember 2020 der Bundesgerichtshof (BGH) eine unwirksame Prämienerhöhung einer Privaten Krankenversicherung (im vorliegenden Fall der AXA Krankenversicherung) aufgrund einer nicht ordnungsgemäßen Begründung bestätigt und den betroffenen Versicherten eine Beitragsrückzahlung zuzüglich Zinsen zugesprochen. Nach Ansicht des BGH ist eine lediglich allgemeine Mitteilung über die Grundlagen bzw. Bedingungen einer Prämienanpassung, wie sie im Falle der AXA vorlag, nicht ausreichend.

Die Rechtsprechung des BGH betrifft die gesamte PKV-Branche und hat damit mögliche Auswirkungen für unzählige Privatversicherte: denn neben der AXA, haben auch viele andere Private Krankenversicherer Prämienanpassungen nur mangelhaft und ohne ausführliche und nachvollziehbare Angaben begründet, infolgedessen sie von Land- und Oberlandesgerichten bereits zu Beitragsrückerstattungen verurteilt worden sind. Dazu zählen beispielsweise die DVK, die Barmenia, die DBK, die Central Krankenversicherung sowie die Bayerische Beamtenkrankenkasse (BBKK). Die Rückzahlungen bewegen sich zum Teil im fünfstelligen Bereich. 

Beitragserhöhungen bei PKV-Kosten unter Schwellenwert ebenfalls für unwirksam erklärt

Neben fehlerhaften Begründungen wurden bereits auch schon Beitragserhöhungen von Gerichten für unrechtmäßig bzw. unwirksam erklärt, bei denen Private Krankenversicherer (wie etwa die DKV) den 10 %-Schwellenwert nicht eingehalten haben; das heißt, sie haben die Beiträge erhöht, obwohl die Ausgaben für die Versicherungsleistungen um weniger als 10 % angestiegen sind. Prinzipiell kann eine Reduzierung des Schwellenwertes innerhalb des jeweiligen Tarifes zwar zulässig sein. Allerdings müssen derartige vertragliche Regelungen bzw. die allgemeinen Versicherungsbedingungen gesetzeskonform sein.

Zum Beispiel erlaubten in einem konkreten gerichtlich verhandelten Fall die allgemeinen Versicherungsbedingungen der DKV eine Anpassung der Prämie auch bei nur vorübergehender Abweichung der vorher kalkulierten Krankheitskosten. Dies steht jedoch im klaren Gegensatz zu den gesetzlichen Vorgaben, wonach die Abweichungen gerade nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft sein müssen.

In anderen Fällen (bei der DKV, aber auch bei anderen Privaten Krankenversicherern) wurde die Prämie bei Erreichen bzw. Überschreiten einer bestimmten Altersgrenze automatisch angepasst, auch ohne Veränderung der Ausgaben für medizinische Leistungen. Eine derartige Klausel war zwar in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der jeweiligen Privaten Krankenversicherung so vorgesehen, verstößt laut Rechtsprechung jedoch ebenfalls gegen das Gesetz und ist daher unwirksam – mit der Folge, dass auch die Beitragsanpassungen unrechtmäßig sind.